Dieses Konzert hat sich fast ohne unser Zutun vorbereitet, und es kam schöner als gedacht. Eigentlich wollten wir von Brighton in den Solent segeln, in eines der wichtigen Segelsport-Zentren der Welt. Eine Nebenbemerkung eines anderen Seglers brachte uns jedoch auf die Idee einer neuerlichen Nachfahrt. Es wäre eine gute Vorbereitung für die Biskaya! Schliesslich waren wir 28 Stunden unterwegs, und haben dabei 171 nautische Meilen (316km) zurückgelegt, mit wunderschöner Nachtmusik:
Zum Einstieg stelle man sich also einen zu wundervollen, Ende gehenden Segeltag mit 4-5 Windstärken vor (mittlerweile schätzen wir dies, und die mühsame Nordseewelle liegt ja auch schon weit zurück). Die erste auf See gekochte Mahlzeit war genossen, die Schlafplätze für diese spezielle Nacht sind verteilt, die Seekarten für das bevorstehende Gebiet liegen bereit, ebenso wie die Kappe für den kurzhaarigen der Nachtwache. Die Kiddies gehen spät nach Sonnenuntergang ins Bett. Die abziehende Wolkendecke lässt die See platinfarben schimmern, und die Nacht ist bereit.
Es dunkelt. Der Chor findet sich zusammen, und stimmt sich ein. Nach Mitternacht geht es richtig zur Sache. Der stabile Nordwester bildet die solide instrumentale Grundlage, und sorgt zusammen mit den 6-stündlich wechselnden Gezeitenströmen für ordentlich Zug und Druck.
Da zeichnen die Bassisten auch schon den allerschönsten Sternenhimmel. Ungetrübt steht Cassiopeia hoch, und der grosse Wagen zieht langsam seiner Bahn. Grazil zeichnen Millionen kleinster Punkte den Milky Way in die Ewigkeit.
Da kommt der hohe Sopran mit einem nicht enden wollenden Wunderspiel daher. Mit jeder Bugwelle, die der schnell gleitende Rumpf in die See zurückwirft, werden Hände voll glitzernder Perlen in die nachtschwarze See geworfen. Sie leuchten kurz nach, und dann kommt ja schon der nächste leuchtende Perlenwurf.
Die Nacht ist dunkel, aber nordsommerlich kurz. Während der Tenor das Licht des Tages und die rot-gelb wärmende Morgensonne bringt, zeichnet der Bass die ersten Umrisse des Landes an den Horizont.
Und da tritt endlich der elegante Alt aus dem Hintergrund hervor: Yuana und ihre kleine Crew findet sich mitten in einer Delfinschule wieder. Ein kleiner Delfin ist stets neben einem grösseren. Es sind wohl eine Mutter und ihr Delfinkalb. Immer wieder springen die Delfine aus dem Wasser. Sie bestimmen den wundersam intonierten Schlussakkord.
Das Konzert ist vorbei, und das erste verschlafene Kinderaugenpaar schaut ins Cockpit: “Ich han Hunger!”
Mit dem abendlichen Glockengeläut aus dem südenglischen Plymouth, und besten Grüssen an meine Hombrechtiker Chorfreunde und -freundinnen!
PS: Baritone gab es ich diesem Konzert glücklicherweise nicht. Wie ihr ja wisst ist das nicht so mein Ding.
PPS: Das Meeresleuchten war mir bis zu meinem ersten Nacht-Törn in der Nordsee vor drei Jahren gänzlich unbekannt. Unter Einfluss von schnellen Wasserbewegungen fangen lumineszierende Mikroorganismen an, grünlich hell zu leuchten. Man kann dies übrigens auch am Strand sehen, wenn Wellen mit solchen Organismen brechen.