Atlantic Crossing 2, Days 16-17

Day 16 brings us dolphins, and hundreds of them. One dolphin school goes and the next would come soon. They even travel with us through the night! The baby dolphins move in perfect synchrony with their mums. The jumpers jump and the speedies make crazy quick changes in direction at fast pace. So good to see them!

What feels less good are the cold northerly winds. The air temperature is down to 16 degrees, with the wind chill further lowering it to estimated 12 degrees.

On the last day, we get head winds and this is when sailing becomes either fun or nasty, depending on the view. This time it is an uphill battle. True wind is at 25 knots which my doesn’t sound so bad, but it’s definitely far away from being comfortable. Waves break against the hull, the cockpit gets an ugly shower, and we have plenty of motion and noise inside the cabin.

The chilled Caribbean ‘ting’-lemonades stay in the fridge. Hot tea is the preferred drink now. The writing on the tea bag in German language says something about feeling well and cozy. But also two or three cups wouldn’t bring the Caribbean warmth back into the toilet seat. Everything feels cold and the last bit of Caribbean humidity can be found as condensed droplets on the cold aluminum frames of the windows, what a change 16 1/2 day on sea can do!

Since we were a bit lazy with adjusting the clock, we had to turn it forward by one hour, on four days in a row. That makes us sleeping long into the mornings. The good thing about getting considerably further north is that the evenings get longer before it gets dark. Oh how great this is!

After 2’420 nautical miles or 4’500 Kilometers on sea we are now reaching the outermost post of the Azores Islands. Those nine islands are still pretty far out in the Atlantic Ocean. They belong to Portugal and are part of the European Union, however the islands called Flores and Corvo geologically sit on the Northern American tectonic plate. That means that after Europe, Africa and Central America, our trip comes to a tiny little halt in North America ;-)!

Once more, YUANA did an outstandingly great job. Nothing broke so far on this crossing. So we could just focus on reaching our destination! That can by far not be taken for granted. Again: Great Hallberg-Rassy, apparently with appropriately performed maintenance. Touch wood.

The bigger compliment however goes to Manuela and the kids. Being at sea can be tough. Perhaps we wouldn’t have gone sailing, would we have known how tough such a crossing can be. Why? We wouldn’t have imagined that we can do it! And we did it and it was more all right!

Particularly the daughter wasn’t keen on sailing long distances. To relax, we gave her the option to fly from Azores to our next stop in France, would she be completely fed up with blue water cruising. Looking at her now, we see a pretty proud young lady who is aware of her achievement, with no further discussion about flight schedules. Isn’t that unbelievably great?!

On Flores, our extra crew Michael will leave the Yuana team. Michael experienced some though days with motion thickness. But finally and that is what counts, he realized his dream of an Atlantic Crossing, Congratulations!

We plan to stay a bit in the Azores, before sailing back to the continent.

Sailed distances:
Day 17: 60nm (approx)
Day 16: 130 nm

Atlantiküberquerung 2, Tage 13-15

Seit wir in Holland abgefahren sind, nutzen wir das neuseeländische PredictWind, um uns ein Bild über das Wetter der nächsten Tage zu verschaffen. PredictWind stellt vier Wettermodelle zur Verfügung, deren Prognosen über 3-5 Tage recht konsistent sind. Darüberhinaus weichen die Vorhersagen ad extremis diametral voneinander ab. Aufgrund der Angaben von PredictWind haben wir unsere bisherigen Abfahrtszeiten und Strecken geplant. Meist waren wir ja nicht länger als 24 Stunden unterwegs.

Steht eine zweiwöchige Reise durch ein unbeständiges Seegebiet an, so bringt klimatologisches Fachwissen die Erkenntnisse, welche für eine schnelle und komfortable Routenwahl notwendig sind. Weil beides sicherheitsrelevant und für uns wichtig ist, haben wir einen ausgewiesenen Spezialisten für das sogenannte Weather Routing ins Yuana-Team geholt.

Sebastian von der WetterWelt in Kiel schickt uns etwa alle 5 Tage seinen Vorschlag, wie wir den weiteren Routenverlauf planen können. Stets folgen wir Sebastians Empfehlungen, oder besprechen mit ihm unsere Alternative. Das gibt uns zusätzliche Sicherheit bei der Streckenwahl, und obendrein macht die Zusammenarbeit Spass! Sebastian wird uns bis ans europäische Festland begleiten.

Spass haben wir auch sonst an Bord: Endlich gibt ab und zu es Delfinbesuch. Es ist jedes Mal toll, diese Tiere bei ihren grazilen Luftsprüngen oder den schnellen Spitzkehren im Wasser zu beobachten.

Mehr Spass? Raclette auf dem weiten Ozean. Dem gibt es nichts hinzuzufügen. Ausserdem haben wir während dem Essen gelernt, dass die Flamen Ellenbogen sagen, wenn es bei uns Hörnli gibt. Einem Glückspilz sagen sie Glücks-Sack! Wenn wir Schweizer früher Mohrenköpfe und die Deutschen Negerküsse genossen haben, so hatten die niederländisch sprechenden Belgier dafür einen Ausdruck, den ich hier unmöglich wiedergeben kann: weder politisch korrekt noch jugendfrei. Wer es unbedingt wissen will, der kann mich ja fragen.

Unser Belgier Michael (wir nutzen oft auch den Belgischen Standardnamen Jan für ihn) ist mittlerweile auch schon recht gut bei schweizerischen Zungenbrechern: Dä Papst hät zSpiez sSpäck Bschteck zspat bstellt geht schon fast fehlerfrei!

In der ersten Nachtschicht (ca 22 bis 2 Uhr) schaue ich dem Wetterleuchten zu. Gemäss Radar ist es 25 Meilen entfernt. Die Höhenwinde bringen es jedoch rasch zu uns, und so bricht auf Yuana plötzlich der Wetter-Aktivismus los. Schnell wird die Fock gerefft. Notebook, Tablets, Handys und der Satellitenempfänger wandern umgehen in den Backofen. In diesem Faradayschen Käfig sind sie offenbar vor Blitzschäden geschützt.

Das Gewitter zieht mit einigen hellen Zuckungen über uns hinweg. Passiert ist zum Glück nichts.

Etmale:
Tag 15: 134 sm
Tag 14: 150 sm
Tag 13: 155 sm

Ein perfekter Segeltag!

Bekanntlich sind wir segelnd unterwegs, und ich habe den Verdacht, kaum je über einen richtig schönen Segeltag geschrieben zu haben. Daher erzähle ich hier von unserer Fahrt von Martinique nach Dominica. Am letzten Samstag um 7:30 Uhr liessen wir Saint Pierre hinter uns. Nachmittags um 17 Uhr werfen wir in der Bucht von Portsmouth den Anker.

Zunächst eine kleine Info zum Seegebiet: Die kleinen Antillen bilden eine Barriere zwischen dem Atlantik und dem Karibischen Meer. Aus Nordosten weht beständig der Passat. Die Inseln behindern den freien Fluss des Windes. Deshalb pfeift es einem auf den Bergen und zwischen den Inseln gehörig um die Ohren. Je stärker der Wind bläst, desto höher werden die Wellen.

Vom Atlantik fliesst stets Wasser in das Karibische Meer. Es gleicht den Abfluss von warmem Wasser aus, welches der Golfstrom (der Norwegens Küste im Winter eisfrei hält) im Nordwesten dem Karibischen Meer entzieht. Wer von Süden nach Dominica segelt, der wird vom Atlantikwasser pro Stunde eine Meile nach Westen versetzt (Abdrift).

Samstags zu reisen ist immer gut, denn da müssen wir nicht darüber nachdenken, wir wir die Schulstunden zeitlich unterbringen. Wir verlassen Saint Pierre unter Maschine, weil in der Bucht kein Lüftchen geht. Zuvor haben wir noch das Gummiboot auf dem Vordeck festgezurrt und seinen Aussenbordmotor am Heckkorb von Yuana festgemacht.

Sobald wir aus dem Windschatten von Martinique heraus sind, gehen Wind und Welle hoch. Der Wind pendelt um 24 Knoten, in Böen 29 Knoten, und kommt aus 90 Grad steuerbord, also seitlich von rechts. Mit 60% gerefften Segeln läuft Yuana gerne und gut mit 7 Knoten flott voran. Die Wellen sind bis zu 3 Meter hoch und tragen weisse Schaumkronen.

Das Schiff geht im spitzen Winkel die Wellen hoch und hinten wieder herunter. Der Bug durchtrennt die Schaumkämme. Manche Wellen klatschen seitlich gegen den Rumpf. Es läuft viel Wasser über das Deck, und der Wind bläst kübelweise Gischt ins Vorsegel. Jetzt macht das Steuern von Hand am meisten Spass, und selbst im hohen Cockpit bekomme ich mein Salz ab.

Die seitlichen 3-Meter-Wellen führen mehrere Kubikmeter Wasser gegen das Schiff. Das sind einige Tonnen Wasser, die gegen den Rumpf prallen, und das gibt jeweils einen ordentlichen Rumms. Ist das man im Schiff, so sieht man diese Wellen nicht kommen. Man muss sich stets gut festhalten. Sonst kann es passieren, dass man quer durch das krängende Schiff fällt und irgendwo aufprallt. Im besseren Fall tut es nur weh, und im schlechteren Fall bricht ein Knochen. Letzteres ist uns zum Glück noch nicht passiert.

Stell dir vor, du stehst in der Türe zu deiner Küche und willst im gegenüberliegenden Küchenschrank etwas holen. Die ganze Küche steht 25 Grad schräg und wird gerade von einem starken Erdbeben durchgeschüttelt. Du gehst los und die Füsse rutschen dir auf dem schrägen Teppichboden weg. Irgendwie kommst du zum Schrank und kannst ihn sogar öffnen. Schon fliegen dir 12 Teller und eine Tüte Mehl entgegen. So geht das bei uns manchmal zu, und dann schmeckt es immer ein bisschen nach Abenteuer.

Wie immer wenn Wasser über das Deck geht prüfen wir, ob alle Luken dicht sind, und kein Wasser eindringt. Wasser könnte zum Beispiel durch ein offenes Seitenfenstern, durch eine Decksluke oder auch durch das WC eintreten. Manuela geht runter, und kommt auch nach einer Weile nicht zurück. Ich rufe nach ihr, und höre im Wind stehend keine Antwort.

Ich schalte den Autopilot ein, vergewissere mich, dass beide Kinder angebunden sind, und gehe hinunter. Manuela liegt in auf der Vorkoje und versucht, durch die Ventilationsöffnung einströmendes Wasser aufzufangen. Ein fröhliches Gesicht sieht definitiv anders aus. Der Verschlussmechanismus funktioniert nicht mehr. Ich gehe hoch und ändere zunächst den Kurs, damit nicht mehr so viel Wasser über Deck geht. Danach bringe ich ihr Schnur, und sie bekommt den Verschluss in den Griff.

Vorne im Schiff schüttelt es ziemlich stark und ich bin erstaunt, dass es Manuela noch nicht übel ist. Als ich zurück ins Cockpit komme, ist es dafür den Kindern übel. Das ist ziemlich ungewöhnlich, weil die ertragen recht viel. Wahrscheinlich waren wir zu lange in ruhigen Buchten. Wir spielen Stadt-Land-Fluss und singen lustige Lieder, und schon bald fühlen sich alle wieder gut.

Am Ruder steht es sich gut. Die Kämme der grösseren Wellen kommen etwa auf Augenhöhe daher. Wenn man seitlich in die ankommenden Wellen schaut, so sieht man zuweilen, wie das Sonnenlicht den Wellenkopf für einen ganz kurzen Moment smaragdgrün aufleuchten lässt – Magic!

Nach drei Stunden werden die Wellen etwas geringer. Die Fahrt wird sogar noch etwas rascher, weil die kleineren Wellen – nimmt man sie nicht optimal – das Schiff weniger stark abbremsen. Wir geniessen das sonnig windige Wetter und sehen den fliegenden Fischen nach.

Im Windschatten von Dominica reffen wir beide Segel wieder aus, und fahren gemütlich dahin. Am Anfang unserer Reise hätten wir lieber eine Woche im Hafen abgewartet, als in dieses Wasser hinauszufahren. Heute haben wir viel weniger Sorge vor Starkwind. Die kräftige See bereitet uns zusehends mehr Spass, was für eine Freude! Es ist wie im Geschäft auch: man wächst mit der Zeit in seine Aufgabe hinein.

Am späten Nachmittag und kurz vor dem Einbiegen in die Bucht von Portsmouth sieht die Tochter plötzlich einen grossen Marlin aus dem Wasser springen. Alle schauen hinaus, und schon sehen wir ein gutes Duzend Delfine neben uns, springend und platschend. Es sind die ersten seit Barbados. Was für ein schöner Abschluss für einen der besten Segeltage* bisher!

*) gemäss Skipper

Anyone to offer a spare rib?

As mentioned earlier, the last hour of our trans ocean passage finally brought us dolphins. Those beautiful mammals are not shy to swim very close us, almost touching distance to the boat. No question, that was GoPro-time.

With the belly flat down on the deck and the GoPro in my left hand I could
submerge the camera into the water. The first five minutes of video taping went quite well. For the sake of even better photos, I leaned further out and down. Were there some question marks in the dolphins eyes? Maybe… Anyway, imagine me leaning that far out on the left hand side of the ship the my lowest rib only on the right side of my body would rest on the rim of the deck.

To make it short, there was an ugly crack with my rib and I was then able to hold the camera even better into the water.

One of the new topics on Yuana is now whether the rib broke or just bent and released. I believe that I kind of know how it felt when it happened and how it feels now. Just by analyzing my answers to their questions the two female doctors on board have their own opinion about the status of my rib: still intact. Well, let’s hope so!

In fact, the photos and slow-motion movies are great and so the rib really doesn’t matter anyway ;-).

AO-Xing Day 15, Aftermath

Here we are, having arrived in Barbados after a safe crossing of the Atlantic Ocean. The last hour brought the dolphins! Finally arriving and now being here after a planning time of more than three years feels outstanding at every extent.

The crossing took us 15 days and the ocean has been very kind with us. So was Yuana: she kept going so well and didn’t have the smallest technical issue for that longest stretch she had ever done. Last but not least we had (and still have) a wonderful crew. Each day was fun, which couldn’t have been expected in such a confined space.

Particularly the last days were easy and quick downwind sailing. Compared to previous crossings, this one was more relaxed, mainly because of the additional crew. Moreover and due to the length of this leg, the general target was more to survive the day and less to arrive in Barbados. We just sailed without thinking about estimated arrival date and time.

This leg included some strategic route  which was a very nice part as well. On which route would we find the combination of favorable winds, short distance and a good position for the following days of the journey? Each day midday brought the new position update for all the ship.

Who would have gained or lost a bit of ground? Studying the boats and sailing record of some of the crews, I believe that our team has done very well! Congratulations from the Captain!

How was it, compared to our expectations?
– Weather was easier than thought: winds below 25 knots, waves below 3 meters, almost no squalls
– Health: practically no sea sickness
– Fishing: we didn’t catch the big guys (or they took our lures away)
– Family: on & off sleeping patterns and the tiredness from sleeping in motion made it a bit difficult at some times to enjoy the family time. Kids were however happy with movies and pop corn
– Extra crew: reliable, lovely, charming
– No 24 hour news stream: bad, but survived

Last but not least, our daughter who always wanted to fly rather then sail announced that she will be part of the crew also once the time will come to travel back to Europe. Flight ticket saved, hooray;-)!

Madeira nach Isla Graciosa – 1. Nacht

Am Dienstag, dem 10. Oktober um 14 Uhr werfen wir in Funchal die Leinen. Unsere neuen Freunde aus Holland, England, Frankreich und Schweden winken am Steg. Einige klatschen und rufen “well done” herüber, denn der Mann am Steuer ist 10 Jahre alt und hat konzentriert ein perfektes Ablegemanöver rückwärts hingelegt. Alle freuen sich, dass der Junge selber Hand anlegen kann, und dabei gutes Können an den Tag legt. Selbstverständlich war das Manöver zuvor detailliert besprochen worden. Auch wenn Junior am Steuer steht, so bleibt das Kommando bei mir.

Nun sind wir also unterwegs von Madeira in die Kanarischen Inseln. Als erstes Ziel werden wir das kleine Inselchen Graciosa anlaufen, nördlich von Lanzarote. Jemand witzelte, dass dies die östlichste Insel der Karibik sei, weil es dort eine traumhafte Buchten zum Schnorcheln und Tauchen haben muss. Wir lassen uns gerne überraschen!

Die Reise dorthin wird zwei etwa 260 nautische Meilen oder zwei Tage und Nächte dauern. Nachmittags entdeckt Manuela den ersten fliegenden Fisch, und dann ein paar Wale. Zumindest die erste der beiden Nächte wird fabelhaft:

Eine dünne Dunst-Schicht schwebt über dem 24 Grad warmen Wasser. Nach Sonnenuntergang sitzen wir draussen beim Abendessen. Die nebelartigen Schlieren über dem Wasser färben sich gelblich und rot, und bald ist es dunkel. Die Tochter ist sehr müde und geht ins Bett. Der Sohn darf nochmals seine Rettungsweste anschnallen und ins Cockpit kommen, denn es gibt hier eine spät-abendliche Überraschung für ihn, das Meeresleuchten.

YUANA gleitet sanft über die See. Der Bug wirft kleine Wellen zurück. Das bewegte Wasser leuchtet nach, mal stärker, mal schwächer. Zuweilen gibt unnatürlich hellgrün fluoreszierende Schaumteppiche. Einige leuchten tatsächlich so hell, dass sie Licht an die Umgebung abgeben. Dazwischen funkeln immer wieder Duzende Partikel hell auf. Es ist ein wunderschönes Schauspiel von wechselnder Intensität.

Plötzlich bemerke ich ein etwa 2 Meter Tier direkt neben YUANA im Wasser. Es ist schwarz wie die Nacht und daher nicht wirklich sichtbar, ausser wenn die Rückenflosse aus dem Wasser kommt. Dann zieht diese Flosse einen ebenso grünen Strich durch das Wasser. Obwohl ich nur ein Tier erkennen kann, muss wohl ein Delfin sein (Delfine sind meist in Gruppen unterwegs). Selbst unter der Wasseroberfläche zieht der Delfin eine glitzernde Leuchtspur hinter sich her. So ähnlich sehen fliegende Feen in Kinderfilmen aus, im speziellen wenn diese über den neuesten Zauberglanz von Gary verfügen. Der Delfin überholt uns, kommt zurück, und wendet erneut, schnell, die Kurven mit einem Radius von weniger als einem Meter. Man kann das alles sehen, weil der Delfin diese Leuchtspur hinterlässt.

Gegen Mitternacht wird die Dunstdecke dünner, und man beginnt die Sterne zu sehen. Ich nehme das Fernglas und schaue die Unendlichkeit. Ein Stern funkelt in rot, grün und weiss. Es handelt such nicht um einen Flieger, denn dieser müsste doch langsam weiterziehen. Ganze Sternenhaufen werden in voller Klarheit sichtbar.

Ab und zu schaue ich auf, um den Horizont nach Lichtern oder dichten Wolkenformationen abzusuchen, und um das Radarbild zu prüfen. Einmal kriege ich dabei einen riesigen Schreck. Durch das Cockpitfenster sehe ich ein gelbes Licht, und es scheint direkt neben uns zu sein. Habe ich zuvor etwa einen Tanker übersehen? Der zweite Blick klärt die Sache schnell: Der Mond ist hinter den Wolken am Horizont aufgegangen, und scheint in voller Stärke durch ein kleines Wolkenloch hindurch. Haha, wer sonst hat sich jemals vom Mond erschrecken lassen? Auch das passiert einem wohl nur auf See.

Die zweite Hälfte der Nacht läuft ereignislos ab. Wir motoren mit 5.5 Knoten über die glatte See. Morgens um acht stehen die Kinder auf der Matte und prüfen, welchen Tribut an Keksen und Schokolade diese Nacht im Cockpit gekostet hat.

Sonntag auf der Biskaya

Unser Sonntag auf der Biskaya war gemütlich und abwechslungsreich. Am frühen Samstagmorgen sind wir in England gestartet, zu unserem ersten weiten Sprung, in einem Stück bis nach Spanien. Dabei überquert man zunächst den Ärmelkanal, und dann geht’s in einem Zug über die Biskaya, nach La Coruna. Auch mit dem Auto wäre das eine sehr lange Fahrt. Man würde zunächst ein Stück die englische Küste rauf, dann mit der Fähre über den Kanal, durch Frankreich bis nach Biarritz, um dann von Bilbao her die lange und schöne spanische Nordküste in Richtung La Coruna abzufahren. Wir haben Glück und können fast Luftlinie fahren. Am frühen Dienstagmorgen werden wir wohl in den spanischen Hafen einlaufen.

0 Uhr: Seit Stunden kommen wir bei 15 Knoten Halbwind, kleiner Welle und gutem Gezeitenstrom mit teils über 9 Knoten voran. Wir passieren die Insel Ouessant westlich. Bereits zum zweiten Mal auf unserer Reise fahren wir durch französische Gewässer, ohne einen Stopp an Land einzulegen. Noch viele Stunden werden wir das helle Licht den Ouessant-Leuchtturmes am Horizont erkennen.

2 Uhr: Der Sohnemann hat sich unter drei Decken auf der Cockpitbank eingemummelt, und schläft nun tief. Tapfer hat er Nachtwache gehalten, die schnell ändernden Fahrtrichtungen der Fischer auf dem Plotter verfolgt und darauf geachtet, ob unser Kurs frei ist von anderen Schiffen. Mir bleibt das Licht von Ouessant. Die typisch französischen Staccato-Funksprüche werden immer weniger.

4 Uhr: die stets neu gestellte 20-Minuten-Eieruhr weckt mich einmal mehr auf. Einige Fischerboote vor uns sind noch etwa 2 Stunden entfernt. Das Radar zeichnet jedoch eine grosse Reflexion auf die elektronische Seekarte, grösser als jedes Schiff. Es ist eine Regenzelle. In der Nähe fällt der Wind erst mal zusammen. Ich rolle die Genua weg und umfahre die Zelle, um nicht in die Böenzone zu geraten.

6 Uhr: Manuela hat vor einer Stunde die Wache übernommen. Ich habe sie schlafen lassen, solange es irgendwie ging. Bei tiefster Müdigkeit erlebt man es als ein grosses Privileg, wenn die Wachablösung umgehend kommt, und man sich einfach hinlegen kann. Kurze Zeit später fällt unsere Geschwindigkeit unter 4 Knoten. Zeit für den Dieselwind. Die Genua wird erneut weggerollt.

8 Uhr: Die Morgensonne wärmt, die mondhelle Nacht ist längst vorbei. Wir hatten die ganze Nacht über Besuch von Delfinen. Wenn man sie nicht schon vorher gesehen oder platschen gehört hat, so hat der Flachwasseralarm angezeigt, dass wir nicht alleine sind: Wenn im weit über 100 Meter tiefen Wasser plötzlich nur 2 Meter Wassertiefe angezeigt werden, dann war einer der schönen Tiere gerade unter dem unserem Echolot durchgeschwommen.

10 Uhr: Nun endlich bekommen auch die Kinderaugen viele Delfine zu Gesicht. Es ist ein grosses Aahhh und Oohhh, gefolgt von Klatschen für besonders tolle Delfin-Sprünge. Zum Frühstück wird das letzte Konfi-Glas mit Igiser Erdbeeren geöffnet, wir werden sie schon bald vermissen.

Zu unserem Sonntagmorgen gehört jeweils auch das Öffnen einer der 52 kleinen Rollen aus einer gelben Dose, welche wir zum Geburtstag geschenkt bekommen haben. Die Rollen sind kleine Zettel, auf denen ein Wunsch, eine Lebensweisheit, oder ein Bibelspruch steht. Heute ging es darum, dass man für andere ein Segen sein kann. Wir besprechen das mit den Kindern, und sie freuen sich darüber. Gerade auch bei solchen Gelegenheiten denken wir gerne an den warmen und berührenden Abschied, den wir von unserer reformierten Kirchgemeinde erhalten haben.

12 Uhr: Bei Windstille und wellenlosem Wasser lässt es sich in der Bordküche besonders gut arbeiten. Trotzdem sind wir froh, nur das nötigste machen zu müssen: Manuela hat nämlich bereits in England vorgekocht. Obwohl sich der kardanisch gelagerte Gasherd permanent den Schiffsbewegungen anpasst, will man unterwegs möglichst kurz mit Gasherd, heissen Pfannen und siedendem Wasser hantieren.

14 Uhr: Den Kontientalsockel, der wegen seiner Wellen so berüchtigt ist, haben wir im Flachwasser überquert. In diesem Falle hat uns die Windstille sehr geholfen, und wir sind froh, nicht schon einen Tag früher ausgelaufen zu sein. Tatsächlich haben wir nun 4800 Meter Wasser unter uns. Wichtig auch: jetzt sind wir erstmals auf unserer Reise südlich von unserem Wohnort in der Schweiz! Zunächst fallen die Faserpelze, später auch die Pullis darunter. Auch an der Temperatur wird offensichtlich, dass wir südlich fahren.

16 Uhr: Unsere Angelrute ist jetzt endlich im Betrieb. Wir haben in England Makrelenköder gekauft, Drei Fischhaken an einer Leine, jeder mit einer farbigen Feder dran. Bis am späten Abend wird kein Fisch anbeissen. Vielleicht bräuchten die französischen Makrelen blau-weiss-rote Federn statt das blau-rot-weiss des Union Jack? Vielleicht liegt der Misserfolg auch daran, dass es hier keine Makrelen gibt, oder dass wir als Fischer-Greenhorns anstatt eines Bleigewichtes eine chromglänzende Schraubenmutter hinten an unsere Schleppleine gehängt haben.

18 Uhr, ganz grosses Kino: Ölig liegt die See, und lustlos flappt unser Grosssegel in der geringen Dünung hin und her. Wir lassen es lediglich stehen, weil es die seitlichen Schiffsbewegungen dämpft. Ich bin gerade auf dem Weg in die vordere Kabine zum Vorschlafen, da sieht Manuela ihn als erste, einen Walfisch, wohl fast so lange wie unser Schiff. Seitlich kommt er auf uns zu, und wir überlegen, ob wir verlangsamen sollen, um nicht zu kollidieren. Schliesslich geht der Wal aber einige Meter hinter uns durch. Die Angelhaken lässt er zum Glück in Ruhe. Wir sehen ihm nach wie er seine Fontänen ausstösst. Wunderbar.

20 Uhr: Stündlich ruft Junior auf dem Seefunk in Englisch unsere Kollegen von der kanadischen Yacht auf. Wer sich wohl schon alles an die Kinderstimme gewöhnt hat? Die Küstenwache hört uns sicherlich nicht mehr, wir sind längst ausserhalb Funkreichweite zum Land. Unsere Kanadier waren ausserhalb des Verkehrstrennungsgebietes gefahren, wir innen durch. Das hat uns wohl ausser Funkreichweite gebracht.

22 Uhr: Der Junge ist heute müder als sonst ins Bett gefallen. Nun will die Tochter Nachtwache schieben. Wir suchen auf dem iPad nach Sternbildern. Schon bald aber zieht sie das Bett der harten Cockpitbank gegenüber vor.

24 Uhr: Die Schweizerflagge leuchtet im Licht der LED-Achterlaterne in kaltem Rot und Weiss. Ich geniesse es, die Schweizerflagge übers Meer zu führen. Seit fast 18 Stunden schiebt uns der Motor durchs Wasser. Die neuesten Wetterdaten zeigen, dass Flaute noch viele Stunden anhalten wird.

Rundherum hat es Wasser am Horizont, der sich bei Vollmond erhellt vom Meer absetzt. Einige Schleierwolken stehen in fahlem Weiss am Himmel. Heute funkeln nur die hellsten Sterne. Weit und breit ist nichts als Wasser. Wir sind alleine, und es ist schön, hier zu sein.

Nachtkonzert

Dieses Konzert hat sich fast ohne unser Zutun vorbereitet, und es kam schöner als gedacht. Eigentlich wollten wir von Brighton in den Solent segeln, in eines der wichtigen Segelsport-Zentren der Welt. Eine Nebenbemerkung eines anderen Seglers brachte uns jedoch auf die Idee einer neuerlichen Nachfahrt. Es wäre eine gute Vorbereitung für die Biskaya! Schliesslich waren wir 28 Stunden unterwegs, und haben dabei 171 nautische Meilen (316km) zurückgelegt, mit wunderschöner Nachtmusik:

Zum Einstieg stelle man sich also einen zu wundervollen, Ende gehenden Segeltag mit 4-5 Windstärken vor (mittlerweile schätzen wir dies, und die mühsame Nordseewelle liegt ja auch schon weit zurück). Die erste auf See gekochte Mahlzeit war genossen, die Schlafplätze für diese spezielle Nacht sind verteilt, die Seekarten für das bevorstehende Gebiet liegen bereit, ebenso wie die Kappe für den kurzhaarigen der Nachtwache. Die Kiddies gehen spät nach Sonnenuntergang ins Bett. Die abziehende Wolkendecke lässt die See platinfarben schimmern, und die Nacht ist bereit.

Es dunkelt. Der Chor findet sich zusammen, und stimmt sich ein. Nach Mitternacht geht es richtig zur Sache. Der stabile Nordwester bildet die solide instrumentale Grundlage, und sorgt zusammen mit den 6-stündlich wechselnden Gezeitenströmen für ordentlich Zug und Druck.

Da zeichnen die Bassisten auch schon den allerschönsten Sternenhimmel. Ungetrübt steht Cassiopeia hoch, und der grosse Wagen zieht langsam seiner Bahn. Grazil zeichnen Millionen kleinster Punkte den Milky Way in die Ewigkeit.

Da kommt der hohe Sopran mit einem nicht enden wollenden Wunderspiel daher. Mit jeder Bugwelle, die der schnell gleitende Rumpf in die See zurückwirft, werden Hände voll glitzernder Perlen in die nachtschwarze See geworfen. Sie leuchten kurz nach, und dann kommt ja schon der nächste leuchtende Perlenwurf.

Die Nacht ist dunkel, aber nordsommerlich kurz. Während der Tenor das Licht des Tages und die rot-gelb wärmende Morgensonne bringt, zeichnet der Bass die ersten Umrisse des Landes an den Horizont.

Und da tritt endlich der elegante Alt aus dem Hintergrund hervor: Yuana und ihre kleine Crew findet sich mitten in einer Delfinschule wieder. Ein kleiner Delfin ist stets neben einem grösseren. Es sind wohl eine Mutter und ihr Delfinkalb. Immer wieder springen die Delfine aus dem Wasser. Sie bestimmen den wundersam intonierten Schlussakkord.

Das Konzert ist vorbei, und das erste verschlafene Kinderaugenpaar schaut ins Cockpit: “Ich han Hunger!”

Mit dem abendlichen Glockengeläut aus dem südenglischen Plymouth, und besten Grüssen an meine Hombrechtiker Chorfreunde und -freundinnen!

PS: Baritone gab es ich diesem Konzert glücklicherweise nicht. Wie ihr ja wisst ist das nicht so mein Ding.

PPS: Das Meeresleuchten war mir bis zu meinem ersten Nacht-Törn in der Nordsee vor drei Jahren gänzlich unbekannt. Unter Einfluss von schnellen Wasserbewegungen fangen lumineszierende Mikroorganismen an, grünlich hell zu leuchten. Man kann dies übrigens auch am Strand sehen, wenn Wellen mit solchen Organismen brechen.