Atlantiküberquerung 2, Tage 7-9

Nach sechs Tagen unter Segeln befinden wir uns bereits wieder auf der nördlichen Breite von Madeira, wenn auch noch immer auf der amerikanischen Seite des Atlantiks. Nun stecken wir bereits in der Flaute des langgezogenen Hochs, welches die südlichen Ostwinde von den nördlichen Westwinden trennt. Dieses Hoch müssen wir queren, und das geht nur mit dem Motor.

Nach der Schaukelei der vergangenen Tage ist uns das Hoch eine willkommene Abwechslung. Man kann sich im Schiff bewegen, ohne sich laufend irgendwo festhalten zu müssen.

Weil es hier keinen Wind gibt sind auch die Wellen zahm, und so halten wir das Schiff an und springen zum Baden in den weiten und tiefen Ozean. Dabei bleibt immer einer an Deck. Es soll ja mal einen schweren Vorfall gegeben haben, wo die ganze Schiffsbesatzung ins Wasser sprang. Jedoch kam keiner mehr zurück an Deck, weil man die Badeleiter nicht heruntergeklappt hatte.

Während wir fröhlich baden fährt mit einigen Meilen Abstand der VERMONT TRADER vorbei, einer der Ozeanriesen, welcher die Güterflüsse der globalisierten Welt am laufen hält. Es ist bei weitem nicht das einzige kommerzielle Schiff, welches wir in diesen Tagen sehen. Leider schwimmt entlang dieser Schifffahrtsrouten auch immer wieder Plastikmüll. Nur Fische scheint es nicht zu haben. Jedenfalls will seit Tagen keiner anbeissen. Die einzigen Lebewesen sind Seevögel und Portugiesische Galeeren.

Letztere sind eine Symbiose aus zwei Lebewesen. Grob gesagt sitzt auf einer an der Wasseroberfläche schwimmenden Qualle ein Segel, etwa so wie ein aufgeklappter Augendeckel. Anstatt Wimpern hat er Stacheln oben drauf. Von weitem sieht dieses äusserst giftige Geschöpf wie ein im Wasser stehender Boden einer PET-Flasche. Sie glitzern auf dem Wasser transparent, grazil, uns super schön!

Die ruhigen Tage Hoch geben mir die Gelegenheit für eine ausführliche Sichtprüfung der Ausrüstung an Deck. Ich nehme gleich drei Schraubenzieher mit, und ziehe einige Duzend Schrauben nach.

Abends vor dem Schlafengehen holen wir die Kinder nochmals ins Cockpit, um den Himmel zu bewundern. Im Westen brennt förmlich die Venus, während der Mars, Pluto und Saturn direkt nebeneinander über dem südöstlichen Horizont stehen. Letztere beide sehen wir vor allem auf dem Nachthimmel-App im iPad. Mit dem Feldstecher bestaunen wir die sphärische Oberfläche des hellen Halbmondes. Wir dichten lustige Geschichten, wonach Orion beim Ritt im Bärenwagen über Cassiopaia gestolpert sei. Nun liegen sie alle bewegungslos da…

Tag 9: 147 sm
Tag 8: 122 sm
Tag 7: 137 sm

Atlantiküberquerung Nächte 11 & 12

Die weisslich beleuchteten Wolkenfetzen am dunklen Himmel kündigen den baldigen Mondaufgang an. Bis dahin war die tropische Nacht finster, obwohl der Sonnenuntergang doch erst zwei Stunden zurückliegt. Der Wind bläst kräftig und gerade von hinten.

Die Segel stehen gut: Die Genua ist steuerbords gerefft ausgebaumt. Das Grosssegel steht backbords. Wir brausen mit 6-8 Knoten durch die Nacht. Wenn eine grössere Welle uns von hinten anschiebt, dann blitzen auch mal 9 Knoten im Display auf. Die Wellen ziehen unter dem Schiff durch.

Der Autopilot macht seine Arbeit gut. Er fährt das Schiff immer im selben Winkel zum Wind. Ändert der Wind seine Richtung, dann läuft das Schiff entsprechend mit. Einerseits müssen so die Segel nicht bei jeder leichten Winddrehung nachgetrimmt werden. Andererseits gehört der Windpilot auch zum Sicherheitsdispositiv: Würde das Schiff gerade auf Kurs fahren, so bliese der Wind nach einer starken Drehung früher oder später plötzlich aus der falschen Richtung. Dann schlüge buchstäblich das Grossegel auf die andere Seite hinüber, was ad extremis mit einem Mastbruch enden könnte.

Die runde Mondscheibe bringt endlich etwa Licht ins Dunkle. Gerne überlasse ich die ersten beiden Nachtwachen den Frauen und gehe schlafen. Nachtwache heisst, dass jemand draussen im Cockpit sitzt und ab und zu rundum blickt. Ist der Wind nicht zu stark geworden? Man müsste durch Reffen die Segelfläche verkleinern. Stimmt der Kurs? Man müsste allenfalls korrigieren und die Segel nachtrimmen. Sind andere Schiffe in der Nähe? Man müsste deren Kurs verfolgen und gegebenenfalls das Ausweichen über Funk absprechen. Sind Squalls in der Nähe? Squalls sind tropische Ministürme von 0.5 -2 Meilen Durchmesser. Man müsste die Segel reffen oder besser noch ausweichen.

Nach etwa zwei Stunden Schlaf wache ich das erste mal auf, mittlerweile aus Angewohnheit und auch wegen der Wellen. Der Wind hat zugenommen und die Wellen sind stärker geworden. Die Kaffeetassen im Wandschrank klappern genauso wie das Glas mit den Instant-Kaffee. Wäre die Schiebe-Schranktüre nicht geschlossen, so würden Tassen und Teller rausfallen, einmal mehr.

Wie immer ziehe ich die Rettungsweste über und leine mich im Cockpit an. Ein Blick auf die Instrumente bestätigt die Wahrnehmung. Das Boot ist schnell unterwegs. Die Kräfte im Rig und auf der Ruderwelle sollten nicht viel weiter steigen. Daher rollen wir für den Rest der Nacht etwa einen Drittel des Grosssegels in den Mast ein. Yuana fährt nun immer noch zügig und vor allem aber stabiler.

Nach einer weiteren Stunde Schlaf bin ich an der Reihe mit der Wache. Der Mond steht ist bereits auf der anderen Seite des Himmelszeltes. Das Wasser glitzert im Mondesschein. Während einer Stunde steuere ich das Schiff von Hand in Richtung Mond, um dem Autopilot eine Ruhepause zu gönnen. Ein aufdringlich zappelndes Geräusch lässt meinen Blick auf das Deck schweifen. Ein fliegender Fisch will zurück ins Wasser befördert werden.

Mittlerweile ist es Morgens um sieben und immer noch dunkel. In den knapp zwei Wochen seit Mindelo haben wir drei Zeitzonen durchfahren. Dabei haben wir standhaft die Uhren nicht zurückgestellt, damit es abends länger hell bleibt. Hier draussen ist man also sogar alleiniger Herrscher über die Zeitzonen.

Die Nacht war genauso schnell wie der Tag davor. Rekord! Endlich ist die 150-Meilenmarke geknackt!

Etmal Tag 12: 155 Seemeilen
Etmal Tag 11: 144 Seemeilen

Atlantiküberquerung Tage 3&4: Immer noch flau.

Vom Passatwind ist nach wie vor nichts in Sicht. Schon seit vier Tagen läuft der Motor fast ununterbrochen. Mit niedertourig gehaltenem Motor und aufgezogenen Segeln kommen wir auf etwa 5 Knoten Fahrt. Die einzigen Stopps sind eine kurze Windstunde und zwei Badepausen im offenen Meer. Über Funk hören wir von den anderen Schiffen, was für Riesenfische diese schon gefangen oder gesichtet haben. Eine Crew ist sich sicher, dass sie Haie gesehen haben. Wir baden mittags wenn die meisten Fische nicht fressen, und lassen die Kinder nicht alleine ins Wasser. Wäre ein einzelnes Kind im Wasser für den Hai nicht ein einfacheres Ziel als eine Gruppe von Personen? Ebenso schwimmen wir nicht von Yuana weg.

Diesel ist Trumpf: wer mehr hat kann länger, und unser Schiff hat zwei sehr grosse Tanks. Das hilft uns gut, durch diese hartnäckige Flaute zu kommen. Die Wogen sind unglaublich lang. Von Wellen kann man hier nicht mehr sprechen. Es sing buchstäblich wandernde Wasserhügel, welche über das weite Meer reisen. Je nach Windhauch und Himmelsreflektionen hat jeder dieser Wasserberge einen anderen Blauton. Wir nehmen an, dass sich die fliegenden Fische erst wieder zeigen, wenn es wieder Wellen mit einem etwas steileren Winkel haben. Erstaunt sind wir über die vielen Vögel hier draussen. Teilweise sieht man mehrere Vögel pro Stunde. Meist fliegen sie dicht über dem Wasser. Wahrscheinlich fressen sie kleine Mücken.

Am Abend des dritten Tages beissen plötzlich wieder Goldmakrelen an. Die erste ist zu klein. Die zweite und dritte sind 45cm und 60cm lang und geben zusammen ein feines Abendessen ab. Einen grösseren Fisch verlieren wir leider wieder von der Angel. Unsere Tochter muss weinen, weil wir die Fische töten. Abends beschliessen wir gemeinsam, dass wir ab sofort nur noch jeden zweiten Tag Fischen werden. Das passt nun für alle.

Mittags erhalten wir jeweils per E-Mail die Positionen der anderen Schiffe. Vorläufig scheint es, als hätten wir uns eine gute Routenstrategie zurechtgelegt. Die Schiffe, welche anfänglich weit südlich den Wind gesucht haben, liegen mehrheitlich hinter uns. Sie haben in Hoffnung auf bessere Winde teilweise beträchtliche Umwege in Kauf genommen. Es wird sich weisen müssen, ob das lohnt. Wir selbst wollen segelnd eine Reisegeschwindigkeit von 6-7 Knoten erreichen, und brauchen daher gar nicht in den besten Windgürtel hinunterzufahren. Abends laden wir jeweils die neuesten Windprognosen herunter und studieren, ob unsere Strategie zukunftsfähig ist. Gespannt warten wir auf die nächsten Positionsdaten. Unseren aktuellen Kursverlauf kann man auf dem Link zu CornellSailing sehen, welcher auf der Homepage unter dem Menupunkt We abgelegt ist.

Die Nächte sind dunkel. Der Neumond bringt kaum Licht in die Nacht.
Etwa um Mitternacht verschwindet die dunkelgelbe Sichel dort, wo einige Stunden zuvor die Sonne untergegangen war. Orion steht wie immer. Sternschnuppen flirren durch die Sommernacht.

Etmal Tag 4: 125 Seemeilen
Etmal Tag 3: 127 Seemeilen

Madeira to Isla Graciosa – 2nd night

The day started wish some fishing. I wasn’t even through with securing the fishing gear as I heard an odd croaaak coming from the area where the hook was. Oh no, the only seagull in the area tried to eat our fishing lure which we pulled behind us. Now, the seagull is trapped somehow. Immediately we would slow down, turn back and spool in the fishing line, with no tension on the line for the bird. This gives it the time to free itself and we are bloody glad that it was like that.

Later on we catch a tuna kid, just about 35 centimeters long. We release it since we don’t want to kill it for the little flesh we would get. Another two tunas of same length follow, and all of them can go back into the blue. We discussed whether the fish would remember that at the end of the day, and learn something out of being caught. Does anybody know ;-)?

As all of the three tunas were of same length we conclude that our lure was to small. For this reason we change back to the bigger lure which was responsible for the big tuna we caught a week ago. However we wouldn’t catch anything for the rest of the day.

In the afternoon we were chattering over the radio with a solo sailor on his way from La Rochelle (F) to Gran Canaria. He would prepare there for a solo race across Atlantic Ocean to Martinique. He says that 81 single-handed boats are participating and expects to make the crossing within two weeks, on a boat of 6.5 meters length only. His biggest issue was the freeze-dried food which he apparently didn’t like so much. We wished good luck to him for the race.

Before dinner time we decide spontaneously to stop the boat and go swimming. Sea is flat and wind is down. One adult always stays aboard whilst the other three persons try not to get caught by a shark (they eat later, usually). We survive. The strangest thing about swimming out here are the 3000+ meters of water underneath. This is so incredibly deep, with an awful lot of strange animals down there.

Another day dusks and we get ready for the night. All the way from Madeira we have propelled as the winds were mostly not there, which matches with the predictions. As the evening develops, the forecasted light winds appear from starbord and slowly change to port side (from right to left). We set sails and can stop the engine as wind picks up further around 10p.m.. It will become quite a fast but bumpy ride. I reef a bit at 2a.m. to make everyone happier on board.

We do not have a particular watch scheme for the nights. We just agree on each other’s condition. The one who thinks can catch some sleep goes down to his bunk until woken up for a change. We try to let each other sleep for three to four hours in one go, at least. This night’s sleeping will be less because falling asleep is very difficult with so much motion in the boat. The kids luckily went to bed before the rocking started so they can sleep.

The magic of last night is not here today. Why would the water make this glittery shining one night, bit not the next one?

To kill time I download the latest pictures from Ophelia. Ophelia is a violent storm west of us, slowly moving north-east. Within a few days, it should pass in between Azores and Madeira, later entering bay of biscay. We are glad not to be there, because gusts of 85 knots (almost 160 km/h) is definitely not what a brave sea man want to experience out there. We start to feel uncomfy already at 25 to 30 knots of wind. We will however not get around the swell of Ophelia down in the Canaries. The waves carry on for a very far stretch, also if the storm has passes far off.

Anything else for that night? Again, no mermaid appeared ;-).

Madeira nach Isla Graciosa – 1. Nacht

Am Dienstag, dem 10. Oktober um 14 Uhr werfen wir in Funchal die Leinen. Unsere neuen Freunde aus Holland, England, Frankreich und Schweden winken am Steg. Einige klatschen und rufen “well done” herüber, denn der Mann am Steuer ist 10 Jahre alt und hat konzentriert ein perfektes Ablegemanöver rückwärts hingelegt. Alle freuen sich, dass der Junge selber Hand anlegen kann, und dabei gutes Können an den Tag legt. Selbstverständlich war das Manöver zuvor detailliert besprochen worden. Auch wenn Junior am Steuer steht, so bleibt das Kommando bei mir.

Nun sind wir also unterwegs von Madeira in die Kanarischen Inseln. Als erstes Ziel werden wir das kleine Inselchen Graciosa anlaufen, nördlich von Lanzarote. Jemand witzelte, dass dies die östlichste Insel der Karibik sei, weil es dort eine traumhafte Buchten zum Schnorcheln und Tauchen haben muss. Wir lassen uns gerne überraschen!

Die Reise dorthin wird zwei etwa 260 nautische Meilen oder zwei Tage und Nächte dauern. Nachmittags entdeckt Manuela den ersten fliegenden Fisch, und dann ein paar Wale. Zumindest die erste der beiden Nächte wird fabelhaft:

Eine dünne Dunst-Schicht schwebt über dem 24 Grad warmen Wasser. Nach Sonnenuntergang sitzen wir draussen beim Abendessen. Die nebelartigen Schlieren über dem Wasser färben sich gelblich und rot, und bald ist es dunkel. Die Tochter ist sehr müde und geht ins Bett. Der Sohn darf nochmals seine Rettungsweste anschnallen und ins Cockpit kommen, denn es gibt hier eine spät-abendliche Überraschung für ihn, das Meeresleuchten.

YUANA gleitet sanft über die See. Der Bug wirft kleine Wellen zurück. Das bewegte Wasser leuchtet nach, mal stärker, mal schwächer. Zuweilen gibt unnatürlich hellgrün fluoreszierende Schaumteppiche. Einige leuchten tatsächlich so hell, dass sie Licht an die Umgebung abgeben. Dazwischen funkeln immer wieder Duzende Partikel hell auf. Es ist ein wunderschönes Schauspiel von wechselnder Intensität.

Plötzlich bemerke ich ein etwa 2 Meter Tier direkt neben YUANA im Wasser. Es ist schwarz wie die Nacht und daher nicht wirklich sichtbar, ausser wenn die Rückenflosse aus dem Wasser kommt. Dann zieht diese Flosse einen ebenso grünen Strich durch das Wasser. Obwohl ich nur ein Tier erkennen kann, muss wohl ein Delfin sein (Delfine sind meist in Gruppen unterwegs). Selbst unter der Wasseroberfläche zieht der Delfin eine glitzernde Leuchtspur hinter sich her. So ähnlich sehen fliegende Feen in Kinderfilmen aus, im speziellen wenn diese über den neuesten Zauberglanz von Gary verfügen. Der Delfin überholt uns, kommt zurück, und wendet erneut, schnell, die Kurven mit einem Radius von weniger als einem Meter. Man kann das alles sehen, weil der Delfin diese Leuchtspur hinterlässt.

Gegen Mitternacht wird die Dunstdecke dünner, und man beginnt die Sterne zu sehen. Ich nehme das Fernglas und schaue die Unendlichkeit. Ein Stern funkelt in rot, grün und weiss. Es handelt such nicht um einen Flieger, denn dieser müsste doch langsam weiterziehen. Ganze Sternenhaufen werden in voller Klarheit sichtbar.

Ab und zu schaue ich auf, um den Horizont nach Lichtern oder dichten Wolkenformationen abzusuchen, und um das Radarbild zu prüfen. Einmal kriege ich dabei einen riesigen Schreck. Durch das Cockpitfenster sehe ich ein gelbes Licht, und es scheint direkt neben uns zu sein. Habe ich zuvor etwa einen Tanker übersehen? Der zweite Blick klärt die Sache schnell: Der Mond ist hinter den Wolken am Horizont aufgegangen, und scheint in voller Stärke durch ein kleines Wolkenloch hindurch. Haha, wer sonst hat sich jemals vom Mond erschrecken lassen? Auch das passiert einem wohl nur auf See.

Die zweite Hälfte der Nacht läuft ereignislos ab. Wir motoren mit 5.5 Knoten über die glatte See. Morgens um acht stehen die Kinder auf der Matte und prüfen, welchen Tribut an Keksen und Schokolade diese Nacht im Cockpit gekostet hat.

Nachtkonzert

Dieses Konzert hat sich fast ohne unser Zutun vorbereitet, und es kam schöner als gedacht. Eigentlich wollten wir von Brighton in den Solent segeln, in eines der wichtigen Segelsport-Zentren der Welt. Eine Nebenbemerkung eines anderen Seglers brachte uns jedoch auf die Idee einer neuerlichen Nachfahrt. Es wäre eine gute Vorbereitung für die Biskaya! Schliesslich waren wir 28 Stunden unterwegs, und haben dabei 171 nautische Meilen (316km) zurückgelegt, mit wunderschöner Nachtmusik:

Zum Einstieg stelle man sich also einen zu wundervollen, Ende gehenden Segeltag mit 4-5 Windstärken vor (mittlerweile schätzen wir dies, und die mühsame Nordseewelle liegt ja auch schon weit zurück). Die erste auf See gekochte Mahlzeit war genossen, die Schlafplätze für diese spezielle Nacht sind verteilt, die Seekarten für das bevorstehende Gebiet liegen bereit, ebenso wie die Kappe für den kurzhaarigen der Nachtwache. Die Kiddies gehen spät nach Sonnenuntergang ins Bett. Die abziehende Wolkendecke lässt die See platinfarben schimmern, und die Nacht ist bereit.

Es dunkelt. Der Chor findet sich zusammen, und stimmt sich ein. Nach Mitternacht geht es richtig zur Sache. Der stabile Nordwester bildet die solide instrumentale Grundlage, und sorgt zusammen mit den 6-stündlich wechselnden Gezeitenströmen für ordentlich Zug und Druck.

Da zeichnen die Bassisten auch schon den allerschönsten Sternenhimmel. Ungetrübt steht Cassiopeia hoch, und der grosse Wagen zieht langsam seiner Bahn. Grazil zeichnen Millionen kleinster Punkte den Milky Way in die Ewigkeit.

Da kommt der hohe Sopran mit einem nicht enden wollenden Wunderspiel daher. Mit jeder Bugwelle, die der schnell gleitende Rumpf in die See zurückwirft, werden Hände voll glitzernder Perlen in die nachtschwarze See geworfen. Sie leuchten kurz nach, und dann kommt ja schon der nächste leuchtende Perlenwurf.

Die Nacht ist dunkel, aber nordsommerlich kurz. Während der Tenor das Licht des Tages und die rot-gelb wärmende Morgensonne bringt, zeichnet der Bass die ersten Umrisse des Landes an den Horizont.

Und da tritt endlich der elegante Alt aus dem Hintergrund hervor: Yuana und ihre kleine Crew findet sich mitten in einer Delfinschule wieder. Ein kleiner Delfin ist stets neben einem grösseren. Es sind wohl eine Mutter und ihr Delfinkalb. Immer wieder springen die Delfine aus dem Wasser. Sie bestimmen den wundersam intonierten Schlussakkord.

Das Konzert ist vorbei, und das erste verschlafene Kinderaugenpaar schaut ins Cockpit: “Ich han Hunger!”

Mit dem abendlichen Glockengeläut aus dem südenglischen Plymouth, und besten Grüssen an meine Hombrechtiker Chorfreunde und -freundinnen!

PS: Baritone gab es ich diesem Konzert glücklicherweise nicht. Wie ihr ja wisst ist das nicht so mein Ding.

PPS: Das Meeresleuchten war mir bis zu meinem ersten Nacht-Törn in der Nordsee vor drei Jahren gänzlich unbekannt. Unter Einfluss von schnellen Wasserbewegungen fangen lumineszierende Mikroorganismen an, grünlich hell zu leuchten. Man kann dies übrigens auch am Strand sehen, wenn Wellen mit solchen Organismen brechen.