Für die kurze Zeit eines kurzen Ausfluges durch Sand und Felsen satteln wir von unserem Wasserschiff auf zwei Wüstenschiffe um. Man könnte sagen, dass sie mit ihren treuen Augen und weichen Mäulern geradezu niedlich aussehen (siehe Bild!), auch wenn dieses Attribut mit ihrem Lebensraum genauso wenig zu tun hat, wie ein Segelschiff mit der Vulkanwüste auf Lanzarote.
Zunächst aber besuchen wir eines der bedeutendsten Lavafelder weltweit, den Nationalpark Timanfaya. 1730 und 1824 ist es hier letztmalig zu riesigen Eruptionen gekommen, welche teils über sechs Jahre angehalten haben. Nachdem man im Drive-Thru Stil eingecheckt und sein Auto auf einem der Vulkankegel abgestellt hat, wird man im modernen Reisebus auf abenteuerlich geführten Strassen durch das Vulkangebiet gefahren. Ein bequemeres Museum haben wir noch nie gesehen! Die Landschaften sehen nicht so aus, als würden sie zu dieser Welt gehören. Aus der Nähe betrachtet geben die einzelnen Lavabrocken und Höhlen zuweilen sogar einen grotesken Eindruck ab. Die nun erstarrte, einst flüssige Gesteinsmasse kann einem durchaus an die selbstverständlich in-existenten Giessunfälle in einem Stahlwerk erinnern.
Das Besucherzentrum auf dem Parkplatz-Kegel gibt eine gute Vulkanshow ab. Über einem ziehbrunnen-artigem Loch – in einigen Metern Tiefe ist es 800 Grad warm – brät das Restaurant seine Pouletbeinchen. Die haben hernach sicherlich einen rekordhohen Anteil an Schwefel, und was sonst noch alles in pyroklastischen Dämpfen enthalten ist. Nichts für uns. Gleich nebenan haben sie eine Art Schweizer Milchkannen im heissen Boden eingegraben. Schüttet man oben 5 Liter Wasser rein, so verdampfen diese auf den vulkanisch aufgeheizten Milchkannenböden in der Theorie schlagartig zu 8000 Liter Wasserdampf. Diese Menge hingegen hat in unserer Milchkanne niemals platz. In der Praxis gibt das die schönsten Geysire ab, und alle wundern sich, wie das geht, haha. Du weisst es nun ;-).
Von Scania und Neoplan wechseln wir auf Mariaa und Vulcán. So nämlich heissen die beiden Wüstenschiffe, welche uns bei starkem Wind über den heissen Sand schaukeln. Um die Namen der Tiere festzustellen nestelt der Kamelführer – wir nennen ihn mal Abdullah – im krausen Fell am Hals dieser schönen Tiere herum. Wie er dort tastend die Namen fühlt, eröffnet sich uns nicht. Jedenfalls gewinnen wir den Eindruck, dass Abdullah eine ähnlich innige Beziehung zu seinen Tieren haben muss, wie ein Schweizer Bauer zu seinem Bruno und seiner Fiona.
Mariaa und Vulcán mögen es, wenn man sie (im Liegen) hinter den Ohren krault und über den Augen streichelt. Um mehr davon zu haben drücken sie sich etwas gegen die Hand, so wie Katzen dies auch tun. Wie der Katzenkopf geht dabei der Kamelkopf nach oben, allerdings gleich 1 Meter, weil der Hals eben viel länger ist.
Wie Wasserschiffe sind Wüstenschiffe gleichmässig zu beladen. Sitzt auf einer Seite ein Kind und auf der anderen ein Erwachsener, so wird die Kinderseite zusätzlich mit einigen Sandsäcken beladen. Wie ein solches Tier aus dem sitzen und mit 40% seines Eigengewichtes beladen aufsteht, ist ein Schauspiel für sich. Jedenfalls weist Abdullah uns an, sich mit beiden Händen am Sitzgestell gut festzuhalten. Wohl geraten! Abwechslungsweise und ruppig geht es hinten und vorne hoch und höher, bis die Tiere stehen.
Während dem Ritt über die vulkanischen Sandhügel stellt man sich gerne auf einer Kamelreise vor, durch die Sahara, von Oase zu Oase und von Dattelpalme zu Dattelpalme (für das leibliche Wohl will ja auch gesorgt sein)! Dann staunen wir wieder hinunter zu den Füssen der Tiere. Passend zum Fussabdruck nennt unser Sohn diese Quadratlatschen. Der Fuss ist eine grosse, plastische Masse (die Kamele gehören zu den Schwielenfüsslern). Sobald der Fuss abgesetzt ist, drücken die Fussknochen sanft diese behaarte Schwiele breit, und man fragt sich, warum diese Wüstenschiffe trotz der weichen Füsse eigentlich so stark schaukeln? Es kommt wohl daher, dass die Mariaa’s und Vulcán’s dieser Erde ihre Vorderfüsse im Gehen sehr ruckartig entlasten.
Zu bald schon ist die Tour zu Ende. Abdullah muss seine Tiere regelrecht beschwören, sich wieder hinzulegen: “Couche…!” “Couche…!”, eins nach dem anderen. So spektakulär wie es hinauf ging, geht es nun wieder herunter. Sobald ich festen Boden unter den Füssen spüre springe ich auf, um den ‘Hinlegevorgang’ des Kamel mit unserem beiden Kiddies zu filmen. Abdullah bedauert das sehr, denn nun ist Vulcán lediglich noch einseitig mit meiner Frau beladen. Ich muss mich wieder hinsetzen, damit wir erneut gemeinsam aufstehen können. Nun gut, der Höcker steht noch gerade, und das Dromedar sieht nicht besonders verärgert aus.
Ahoi, Kamel!